Mietpreisbremse? Gut für Großstädter. Tipp für alle: Betriebskosten senken

Nicht nur in Großstädten steigen die Mieten ins Unermessliche, auch Kleinstädter haben mit hohen Mietpreisen zu kämpfen, können aber etwas dagegen tun – Symbolfoto: onm

Nun ist es amtlich. Das Bundesverfassungsgericht hat am 18. Juli beschlossen und mit Pressemitteilung vom 20. August 2019 bekannt gegeben, dass die derzeit im Grundgesetz verankerte „Mietpreisbremse“ nicht verfassungswidrig ist. Die Verfassungsbeschwerde einer Vermieterin wurde zurückgewiesen. So darf nach dem Mietrechtsnovellierungsgesetz beispielsweise bei Neuvermietung einer Wohnung die Miete maximal 10 Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete (Mietspiegel) liegen. Allerdings nur jeweils fünf Jahre lang auf angespannten Wohnungsmärkten. Und welcher Wohnungsmarkt als angespannt gilt, darüber entscheidet die jeweilige Landesregierung. Außerdem unterliegt den Städten und Gemeinden, inwieweit der Mietspiegel vor Ort angepasst wird. Neu errichtete Wohnungen sind von der Mietpreisbremse gänzlich ausgenommen, die erste Vermietung nach einer umfassenden Modernisierungsmaßnahme ebenfalls.

Das und noch viele weitere Türchen im Gesetz lassen die Mietpreise in die Höhe schnellen. In Nordrhein-Westfalen (NRW) gilt die Mietpreisbremse seit 1. Juli 2015 in 22 Kommunen (Düsseldorf, Erkrath, Kleve, Langenfeld/Rheinland, Meerbusch, Monheim am Rhein, Neuss, Ratingen, Aachen, Bonn, Brühl, Frechen, Hürth, Köln, Leverkusen, Siegburg, Sankt Augustin, Troisdorf, Münster, Bocholt, Bielefeld und Paderborn). Die Stadt Minden ist nicht dabei und kündigt für April 2020 schon ihren neuen Mietspiegel an, der voraussichtlich steigende Mietpreise nach sich ziehen wird (siehe unser Bericht). Des Weiteren gab die Landesregierung bereits bekannt, dass die Mietpreisbremse in NRW nach dem 30. Juni 2020 nicht verlängert werde (siehe dazu Verordnung mit Stand 6. August 2019 auf der Webseite recht.nrw.de).

Nun gehört die Stadt Minden ja nicht gerade zu den Ballungsräumen Deutschlands mit rund 84.000 Einwohnern. Aufgrund der Entwicklungen auf dem Wohnungsmarkt ist aber auch hier eine Mietpreissteigerungsrate von etwa 14 Prozent zu erkennen – innerhalb von fünf Jahren, von den Neubaumieten ganz zu schweigen, wobei der Trend eher zu Eigentumswohnungen geht.

Daher wird es Zeit, sprichwörtlich das Pferd von hinten aufzuzäumen. Wenn die Nettomieten steigen, warum nicht an den Mietnebenkosten rütteln? Unsere Redakteurin hat etwas durchgesetzt, was vielen Mietern in Deutschland weiterhelfen könnte:

Die Kürzung der Miete wegen unangemessen hoher Betriebskosten

Wer Immobilienanzeigen studiert, wird feststellen, dass zahlreiche Mietwohnungen mit sehr niedrigen Heiz- und Betriebskosten angepriesen werden. Das macht auf den ersten Eindruck den Anschein, als wäre die Mietwohnung besonders günstig zu haben. Doch oft stellt sich heraus, dass Vermieter schon nach kurzer Zeit den Mietpreis nach oben drücken, indem sie einfach die Mietnebenkosten anheben, also die Abschläge für Heizung, Kalt-/Warmwasser und sonstige Betriebskosten. Ein Mal im Jahr folgt dann die Betriebskostenabrechnung, die entweder eine Nachzahlung mit gleichzeitiger Anhebung der Betriebskostenabschläge ausweist oder aber eine Gutschrift.

Auf Letztgenanntes wollen wir näher eingehen, denn eine Gutschrift aus einer Betriebskostenabrechnung im Mietverhältnis verbirgt enormes Potenzial für „wirtschaftlich weniger leistungsfähige Bevölkerungsgruppen aus stark nachgefragten Wohnquartieren“, worunter „einkommensschwache Haushalte, Durchschnittsverdiener und Familien mit Kindern“ fallen, wie sich das Bundesverfassungsgericht in seinem aktuellen Urteil zur Mietpreisbremse ausdrückt.

Nehmen wir an, ein Mieter erhält Jahr für Jahr nach der Betriebskostenabrechnung seines Vermieters rund 600 Euro gutgeschrieben, die entweder auf das Girokonto überwiesen oder mit der nächsten Miete verrechnet werden. Doch anstatt der Vermieter aufgrund des jährlichen Guthabens die Betriebskostenabschläge prozentual senkt, erhöht er diese um 4 Euro pro Monat. So geschehen bei unserer Redakteurin, die findet: „Das ist ungerecht. Das Gegenteil müsste doch der Fall sein. Wenn die Betriebskostenabrechnungen seit Jahren Guthaben in dieser Höhe aufweisen, müsste der Vermieter doch die Abschläge senken.“

Selbst wenn der Vermieter die Betriebskostenabschläge nach der besagten Gutschrift nicht erhöht, so hat der Mieter tatsächlich das Recht, aufgrund der jährlich hohen Guthaben eine Herabsetzung der Abschläge zu fordern, wenn dies seitens des Vermieters nicht erfolgt. Denn in § 560 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) heißt es:

„Ermäßigen sich die Betriebskosten, so ist eine Betriebskostenpauschale vom Zeitpunkt der Ermäßigung an entsprechend herabzusetzen. Die Ermäßigung ist dem Mieter unverzüglich mitzuteilen.“ (Absatz 3)

„Sind Betriebskostenvorauszahlungen vereinbart worden, so kann jede Vertragspartei nach einer Abrechnung durch Erklärung in Textform eine Anpassung auf eine angemessene Höhe vornehmen.“ (Absatz 4)

„Bei Veränderungen von Betriebskosten ist der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit zu beachten.“ (Absatz 5)

„Eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung ist unwirksam.“ (Absatz 6)

Klingt doch super. Also hat unsere Redakteurin einfach ein Schreiben an den Vermieter aufgesetzt (möglichst per Einschreiben oder Fax vorab), in dem sie erklärte (Kurzfassung): „Trotz der hohen Guthaben das zweite Jahr in Folge haben Sie völlig unangemessen die Betriebskosten um weitere 4 Euro erhöht. Das ist weder nachzuvollziehen noch gesetzlich zulässig. Somit werde ich ab (Monat Jahr) die monatliche Miete um 50 Euro kürzen.“ Das hat sie ein Jahr später wiederholt, weil die Betriebskosten seitens des Vermieters nochmals um rund 50 Euro monatlich angehoben wurden.

Somit verlangt der Vermieter jetzt 100 Euro weniger pro Monat für die Wohnung in Minden.

Auf das Jahr hochgerechnet ergibt sich dabei zwar keine Ersparnis für Mieter. Aber es ist doch hilfreicher, jeden Monat 100 Euro mehr zur Verfügung zu haben als ein Jahr lang auf die Gutschrift des Vermieters warten zu müssen (die nach unserem Beispiel entsprechend gering ausfallen wird). Und apropos warten:

Geduld sollte man mitbringen. Auf die Antwort des ersten Antrags hat sie 6 Monate gewartet. Beim zweiten Mal antwortete der Vermieter gar nicht, sondern hat dummerweise eine unberechtigte Mahnung inklusive Mahnkostenberechnung und Anwaltsdrohung geschickt, aus der ersichtlich war, dass die Betriebskostenabschläge seit Monaten bereits um 50 Euro gesenkt wurden. Nachgerechnet ergab sich plötzlich anstatt einer Forderung des Vermieters eine Gutschriftssumme, die sie mit der nächsten Miete verrechnete (Mahnkosten selbstverständlich ausgenommen, da immer pünktlich Miete gezahlt).

So kann’s gehen. In diesem Sinne:

Rechnen Sie nach und erkundigen Sie sich, liebe Mieterinnen und Mieter – und lassen Sie sich kein X für ein U vormachen von Ihrem Vermieter – schon gar nicht von einem großen Wohnungsunternehmen.

Quelle: Stadt Minden, Bundesverfassungsgericht, gesetze-im-internet.de, Umformulierungen/Ergänzungen: OctoberNews – Wir machen darauf aufmerksam, dass das oben Erklärte keine Rechtsberatung darstellt, sondern lediglich auf Erfahrungswerten beruht. In dringenden Fällen wenden Sie sich bitte an einen Anwalt oder Mieterverein.


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