
Wer die Adventszeit in gemütlicher familiärer Runde anklingen möchte, war bei der Valentinsmühle in Minden genau an der richtigen Stelle. Bei Glühwein, Punsch und Stippgrütze feierte die Mühlengruppe Todtenhausen zusammen mit ihren Gästen die jährliche Inbetriebnahme der Mühlenbeleuchtung und erzählte von der historischen Geschichte der Windmühle.

Punkt 17 Uhr drehte die Mühlengruppe Todtenhausen am vergangenen Freitag den Schalter um und die historische Valentins-Windmühle erstrahlte in ihrer prachtvollen Silhouette. Dem Wind geschuldet zeigten die Mühlenflügel zwar zur Weser (Richtung Schachtschleuse Minden) und nicht zur Bundesstraße 61 hin, von wo aus man im Vorbeifahren die schöne Beleuchtung erblicken könnte. Aber Mühlengruppensprecher Hans Schwier war trotzdem zufrieden. Dann haben die Letelner von der Weserseite gegenüber halt was davon, und bis zur ersten Häusersiedlung in Todtenhausen reicht das Licht allemal. Und das Wichtigste: Die ortsansässige Mühlengruppe, die die Valentinsmühle hegt und pflegt, hat dieses Jahr ordentlich was zu feiern:
Abgesehen von dem 40-jährigen Jubiläum, das der Mühlenverein Minden-Lübbecke am 11. Dezember 2018 verzeichnen kann, den „Mühlenvater“ Wilhelm Brepohl aus Petershagen-Lahde 1978 ins Leben rief (siehe Historie des Mühlenvereins), und dem 25. Deutschen Mühlentag, der im Mai stattfand, wurde die Mühlengruppe Todtenhausen vor 30 Jahren (1988) gegründet, und die Valentinsmühle aus dem Jahre 1858 ist nun 160 Jahre alt.

Was bietet sich da näher an, als das „Mühlenjahr 2018“ mit einem Adventsbesuch bei einer der bekanntesten Windmühlen in der Stadt Minden gebührend abzuschließen. Denn was wäre die Welt ohne historische Windmühlen, die zum einen die wohl wichtigste Zutat für das Grundnahrungsmittel Brot und die Plätzchen zur Weihnachtszeit produzierten, das Mehl, und zum anderen das technische Vorbild für die Windkraftanlagen der heutigen Zeit sind, um regenerativen Strom zu erzeugen. Zudem ist der romantische Faktor auch nicht zu verachten:
So fanden am 30. November rund 50 Besucherinnen und Besucher mit der Mühlengruppe Todtenhausen vor und in der Valentinsmühle zusammen, um zum Beispiel den selbstgemachten Eierpunsch von „Mühlenelektriker“ Günter Jordan (78) zu genießen, der gleich von drei Generationen ausgeschenkt wurde: Günter rührte im Topf, sein Sohn Lutz Jordan (56) und Enkel Bernd Valentin Jordan (17) brachten das „gelbe Wunder“ unter die Leute. Denn Günters Eierpunsch hat Tradition, seit er ihn vor rund 20 Jahren das erste Mal in einer Tiefgarage servierte, und ist verdammt lecker. Auch ansonsten ist Günter ein gefragter Mann: Während sein Enkel noch vom Maschinenbaustudium träumt, hat er die Mühlenbeleuchtung installiert und hält sie am Laufen.

Außerdem erinnert sich Günter Jordan: „Die Mühle war damals immer abgeschlossen, da durfte keiner rein. Aber als Kind bin ich mit dem Schlitten Richtung Weser gefahren.“ (Was er meint, ist der Valentinsweg neben der Mühle, ein Fußweg, der Richtung Weser abwärts verläuft). „Und im Winter war die Weser noch zugefroren – bis das Kraftwerk (Heyden) kam“ – das erste und leistungsstärkste Steinkohlekraftwerk Deutschlands in Petershagen-Lahde, das rund zehn Kilometer von der Mühle entfernt liegt.
Im Gegensatz zu Hans Schwiers Haus Valentinsweg Nr. 3. Das wurde in den 1990er Jahren errichtet und steht direkt neben der Windmühle, weshalb Schwier Eigentümer und unmittelbarer Ansprechpartner der Mühle wurde. Historisch gesehen gehöre aber der Hof Valentinsweg Nr. 1 zur Mühle, der hinter dem Gebäude mit der Hausnummer 3 steht und noch bewohnt ist. Überhaupt habe der Name „Valentin“, den Enkel Jordan stolz im Namen trägt, einen geschichtlichen Bezug zur Mühle:
Warum heißt die Windmühle in Todtenhausen „Valentins Mühle“?
Eine berechtigte Frage, die auch unter einem der Gäste fiel. Eine mögliche Antwort findet man in der Literatur. Karl-Dieter Kanning aus Petershagen-Ovenstädt verfasste 2017 den Text «Tod des ‚Alten Valentin‘» (siehe PDF-Datei auf der Website der Stadt Todtenhausen).

In diesem Dokument heißt es unter anderem (sinngemäß), dass ein Mann unter dem Taufnamen Johann Heinrich Klöpper bekannt war, der am 4. Oktober 1800 in „Todtenhausen Nr. 1“ geboren wurde und zu den „Erweckten“ gehörte, die das „Wort Gottes“ nicht in der Kirche, sondern bei eigener Auslegung unters Volk brachten. Seine große Statur und Erscheinung weckte Ehrfurcht unter den Dorfbewohnern und sein „Rat war auch in irdischen Dingen gefragt“.
Da der Hof Todtenhausen Nummer 1 (heute: Valentinsweg 1) schon im sogenannten „Visitationsregister“ von 1682 unter dem Namen „Valentin“ erwähnt wurde, bekam Klöpper wohl den Spitznamen „Alter Valentin“ zugeschrieben.
Und dieser „Alte Valentin“ erbaute nach der Überlieferung 1858 die Windmühle, weshalb sie „Valentins Mühle“ (oder: „Valentinsmühle“) genannt wird.
Am 19. September 1880 verstarb der weit über die Grenzen hinaus bekannte „Erweckte“. Er hinterlässt einen prachtvollen Erd-Holländer mit voll funktionsfähigem Mahlwerk. Würde man den Elektromotor von 1934 anwerfen und die Inneneinrichtung rausräumen, könne man das auch demonstrieren, so Schwier.
Dass das gar nicht notwendig war, zeigte der Gang ins Obergeschoss der Mühle, der den Gästen aus Platzgründen verwehrt wurde. Die Mühlengruppe machte für unsere Redakteurin eine Ausnahme, weshalb wir seltene Aufnahmen von der grandiosen Holzkonstruktion im Innern der Mühle zeigen können:
Doch dieser makellose Zustand war nicht immer so:
Valentinsmühle war zeitweise kopflos
Zwar hat die „Kraftmaschine“ zwei Weltkriege überlebt und es wurde in ihr noch bis Ende der 1970er Jahre geschrotet, doch zurückgeblieben ist eine „kopflose“ Mühle. Übergangsweise mit einem Flachdach vor eindringender Nässe geschützt, erlebte „Valentins Mühle“ erst nach der Wende (Ende der DDR 1989) ihre Wiedergeburt durch einen echten „Müller“.
Wilhelm Müller rief 1987/88 die Mühlengruppe Todtenhausen ins Leben. Sein Ziel: Die Großenheider Königsmühle erhalten und die Valentinsmühle restaurieren. So sorgten viele freiwillige Hände dafür, dass „Valentins Mühle“ 1991 wieder einen Mühlenkopf samt Haube, Windrose und Flügel besaß, der standesgemäß eingeweiht wurde. Doch das war längst nicht alles, was die Mühlengruppe leistete:
So wurde beispielsweise der Schutt beseitigt und der Holzfußboden erneuert. Um die im Freien stehenden schweren Eichenholz-Sitzmöbel vor Nässe und Kälte zu schützen, überwintern sie in der Mühle. Weil die Mauer marode war, aber der Denkmalschutz griff, wurde der alte Mörtel aus allen Fugen mühsam entfernt und zwischen jedem einzelnen Stein neu ausgefugt. Abschließend erhielt die Valentinsmühle einen neuen weißen Putz zur Wetterseite hin. Zudem ist das Innere der Mühle noch vollständig erhalten und zeigt die Technik aus Anfang des 20. Jahrhunderts.

Doch durch die starken Regenfälle ist der Abhang hinter der Mühle zur Weser hin jedoch etwas weggebrochen. Hier wird die Mühlengruppe demnächst Sträucher pflanzen, damit deren Wurzeln das Erdreich festhalten.
Auf jeden Fall dürfen die Gäste nach der umfangreichen Sanierung die nagelneu hergerichtete Windmühle betreten und bestaunen. Nach Absprache oder zu den offiziellen Öffnungsterminen kann die Valentinsmühle besichtigt werden. Eigentümer Schwier steht auch hier als Ansprechpartner zur Verfügung (siehe Kontaktdaten auf der Webseite des Mühlenvereins).
Apropos Gäste …
Aus was besteht eigentlich Stippgrütze?
Marlies und Harald Kuhlmann servierten zur Feier des Tages der Mühlenbeleuchtung Stippgrütze mit Brot – eine typisch westfälische Spezialität. Die beiden fröhlich hinterm „Kessel“ rührenden Mühlengruppenmitglieder darauf angesprochen, aus was Stippgrütze eigentlich besteht, antwortete Marlies: „Aus Hackfleisch, Brühe und in diesem Fall Graupen. Alle Zutaten werden vorher gekocht und vor dem Servieren in der Pfanne gebraten.“

Das war die kurze Version. Im Internet recherchiert, finden wir eine genauere Erklärung bei Wikipedia bzw. Wikiwand (eigene Zusammenfassung): „Stippgrütze besteht aus in Wurstbrühe gekochter Gerstengrütze (grob gemahlene Gerstenkörner), die mit Fleischresten, auch Innereien wie Herz, Nieren oder Leber, angereichert und mit Gewürzen und Salz abgeschmeckt wird.“ Eingekocht oder eingefroren kann Stippgrütze über Wochen oder sogar Monate haltbar gemacht werden und portionsweise nach und nach serviert werden.
Ein „Arme-Leute-Essen“ also, das sich in Zeiten hoher Inflationsraten bewährt hat. Also genau die richtige Mahlzeit für Fleischesser in der heutigen Zeit, in der Geld immer weniger wert ist.

Sollte sich bei einigen der Magen umdrehen nach der Beschreibung, einfach davon nicht beeinflussen lassen, die gebratene Stippgrütze der Kuhlmanns roch wirklich lecker. Die Fleisch essenden Gäste der Valentinsmühle haben jedenfalls begeistert zugeschlagen.
Im Übrigen geht der gesamte Erlös aus den Glühwein-, Punsch- und Stippgrütze-Verkäufen in den Strom der Mühlenbeleuchtung, der im Jahr circa 200 bis 250 Euro verschlingt, so Schlier.
Letztendlich gab es zum Eierpunsch noch einen Lumineszenz-Armreif gratis dazu, um die „Mühlenbeleuchtung mit nach Hause nehmen“ zu können.

Alles in allem war der Besuch zur Feier der festlichen Mühlenbeleuchtung der Valentinsmühle ein schöner Auftakt zum ersten Adventswochenende mit äußerst sympathischen Todtenhausern, deren Heiterkeit unsere Redakteurin gerne mit nach Hause nahm. Okay, kann auch an der Verkostung des leckeren Glückweins und Punsch gelegen haben. ;o)
In diesem Sinne: Herzlichen Dank für den Trank und liebe Grüße nach Todtenhausen!