
Wer eine Reise oder einen Ausflug nach England, Nordirland, Schottland oder Wales plant, muss seine Urlaubspläne nicht unbedingt vor Oktober dieses Jahres legen. Mit was Touristen nach einem Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union (EU) rechnen müssen oder eben nicht, darüber klärt das ‚Europäische Verbraucherzentrum Deutschland‘ auf.
Auf dem EU-Sondergipfel am 11. April hat sich der Europäische Rat bekanntlich für einen weiteren Brexit-Aufschub bis 31. Oktober 2019 ausgesprochen. Premierministerin Theresa May bedauerte die Entscheidung aus Brüssel, denn nun könne Großbritannien die Europäische Union nur noch in einem ungeregelten Verfahren verlassen. Aber die Menschen sind genervt. Zudem spreche sich mittlerweile die Mehrheit der Briten gegen einen Austritt aus (beim Referendum am 23. Juni 2016 stimmten noch 52 Prozent der Briten für den Austritt), angesiedelte Unternehmen kündigten an, das Vereinigte Königreich zu verlassen, Arbeitnehmer rechnen mit ernsthaften Konsequenzen und nach 20 Jahren Frieden bestehe die Befürchtung, man könne wieder eine ‚harte Grenze‘ zwischen der Republik Irland und Nordirland ziehen.
Was der ‚British Exit‘ aber für Touristen bedeutet, davon ist kaum die Rede in den Medien. Schließlich sind die beiden Inseln beliebte Urlaubsziele. Hier schafft das ‚Netzwerk der Europäischen Verbraucherzentren‘ (engl.: European Consumer Centres Net, kurz ECC-Net) Klarheit, das in jedem der aktuell 28 EU-Mitgliedsstaaten mit einem Zentrum vertreten ist.
So informiert das Europäische Verbraucherzentrum (EVZ) Deutschland unter anderem darüber, dass die Nebenkosten im Urlaub aufgrund des Wechselkurses sogar günstiger werden könnten, da das Britische Pfund im Falle eines Brexit voraussichtlich an Wert verliere. Ob Urlauber nach dem Brexit ein Visum benötigen statt nur einen gültigen Personalausweis oder Reisepass, stehe aber noch offen. Viele Nicht-EU-Länder hätten bereits die Regelung, dass sich Touristen 90 Tage lang (Kurzaufenthalt) ohne Visum im Land aufhalten dürften.
Wer mit dem Reisebus (genauer: Fernbus, der über feste Haltestellen und Fahrpläne verfügt) nach Großbritannien einreisen will, für den würden die sogenannten ‚Busgastrechte‘ (bezüglich Gepäck, Verspätung u.a.) weiterhin gelten. Einzige Voraussetzung: Der Abfahrts- oder Ankunftsort liegt in der EU und die Fahrstrecke beträgt 250 Kilometer oder mehr. Von Minden nach London (rund 750 Kilometer) beispielsweise dürfte das kein Problem darstellen.
Für Bahn-Reisende (auch die, die durch den Eurotunnel anreisen) blieben die bisherigen ‚Bahngastrechte‘ (Verspätung, Personenschäden, eingeschränkte Mobilität etc.) ebenfalls erhalten. Auch Urlauber, die mit dem Schiff auf eine der beiden Inseln anreisen, seien durch die EU-Verordnung 1177/2010 in ihren ‚Fahrgastrechten‘ weiterhin geschützt. Genauso bräuchten sich Flug-Gäste keine großen Gedanken machen. Laut einer Aussage der britischen Regierung vom 20. Dezember 2018 sollen die ‚Fluggastrechte‘ auch nach dem Brexit ihre Gültigkeit behalten.
Ein bisschen komplizierter wird es wohl bei Pauschalreisen. Ob Urlauber gegen eine Insolvenz der Reiseveranstalter geschützt sind, hänge davon ab, ob Großbritannien Hand an die europäische Pauschalreise-Richtlinie, in der der Insolvenzschutz geregelt ist, anlegen wird oder nicht. Wird die Reise aber in Deutschland angeboten (zum Beispiel über ein Reisebüro), gelte weiterhin der Insolvenzschutz nach deutschem Recht.
Nun kommt nicht jeder Fahrer mit dem Linksverkehr auf Großbritanniens (und gesamt Irlands) Straßen zurecht. Aber wer es raus hat und mit dem Auto anreist, sollte auf jeden Fall seinen Führerschein bei sich tragen. Dabei spiele es weiterhin keine Rolle, ob es sich um einen gültigen nationalen, internationalen oder EU-Führschein handele – alle Führerscheine würden auch nach dem Brexit in Großbritannien anerkannt werden laut einer Aussage der britischen Regierung.
Um im Falle eines Unfalls oder einer Krankheit abgesichert zu sein, empfiehlt das EVZ, eine ‚Auslandsreise-Krankenversicherung‘ für die Zeit des Aufenthalts abzuschließen. Diese ist über die verschiedensten Anbieter (z.B. Automobilclub, Krankenversicherung, Kreditkarte) meist schon für unter 15 Euro pro Jahr zu haben und biete umfassenden Schutz.
Reisebegeisterte können sich demnach auch nach dem Brexit auf unbeschwerten Urlaub auf den britischen und irischen Inseln (wozu auch die kleinen angeschlossenen Inseln gehören) freuen.
Weitere umfassendere Erklärungen liefert der Bericht „Der Brexit und seine Folgen für Verbraucher“ auf der Webseite des Europäischen Verbraucherzentrums Deutschlands. Hier findet man auch Informationen zu Online- und Duty-free-Einkäufen, Geoblocking und Roaming-Gebühren sowie eine übersichtliche zeitliche Abfolge aller Brexit-Verhandlungen.
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Großbritannien hat sich offiziell am 31. Januar 2020 von der Europäischen Union verabschiedet.
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Die britische Regierung hat sich dazu entschlossen, nun doch die Einreisebestimmungen zu ändern. Ab dem 1. Oktober 2021 ist die Einreise nur noch mit einem gültigen Reisepass möglich.
Aber: Wer einen „settled“- oder „pre-settled“-Status hat, könne noch bis 31. Dezember 2025 mit seinem Personalausweis ins Vereinigte Königreich einreisen. Gleiches gelte für Inhaber der Grenzgängerberechtigung (frontier worker permit) und für „S2-Healthcare-Visitors“.
Für die Überseegebiete sollen andere Regelungen gelten. So sei beispielsweise für die Reise auf die Virgin Islands ein Reisepass oder ein vorläufiger Reisepass erforderlich, der mindestens sechs Monate über die Aufenthaltsdauer hinaus gültig sein müsse.
Alle aktuellen Regelungen finden Sie wie bisher auf der Webseite des Europäischen Verbraucherzentrums Deutschlands.
Textquelle: Europäisches Verbraucherzentrum Deutschland, Umformulierung/Ergänzung: OctoberNews